Wir haben uns in dieser Episode Kanban genauer angesehen und mit dem Kanban-Experten, Klaus Leopold, gesprochen. Kanban bietet eine einfache Methode an, Abläufe transparent darzustellen und Verbesserungsansätze aufzuspüren.
Business Analyse ist eine komplexe und rekursive Tätigkeit ohne definiertem Anfang und Ende. Der Business Analyst steht täglich vor der Herausforderung, die Zeit sinnvoll zu nutzen und Arbeitsabläufe zu optimieren. Ein möglicher Ansatz dazu ist Kanban: Es bietet eine einfache Methode an, Abläufe transparent darzustellen und Verbesserungsansätze aufzuspüren. Der eine oder andere wird nun aufstöhnen und sich denken: Schon wieder so ein Allheilmittel, das viel verspricht und wenig hält. Dazu klingt es noch sehr verlockend: Es gibt nur wenig Regeln, Flexibilität ist nicht nur ein Stichwort und Verbesserungen im eigenen Arbeitslauf lassen sich schnell und effizient einführen. Wir haben uns in dieser Episode Kanban genauer angesehen und mit dem Kanban-Experten, Klaus Leopold, gesprochen. Wir können jetzt schon versprechen: Reinhören lohnt sich!
Teilnehmer:
Dauer: 1:27:22
Unser Studiogast: Klaus Leopold
Dr. Klaus Leopold ist Informatiker mit langjähriger Erfahrung in der Leitung von IT-Teams. Er ist einer der weltweit ersten von David J. Anderson persönlich akkreditierten Kanban Trainer (AKT) und Coaches (KCP). Seine Aufgabe ist, Unternehmen aus den unterschiedlichsten Branchen bei der Einführung von Kanban Systemen zu unterstützen und die damit einhergehenden Change Prozesse zu begleiten.
Mehr zu Klaus Leopold, seinen Ideen und Überlegungen zu Kanban, Change und Leadership findet Ihr unter www.klausleopold.com bzw. Trainingstermine auf www.leanability.com. Ihr findet ihn auch auf Twitter www.twitter.com/klausleopold.
Unser Thema der Sendung: Kanban in der Business Analyse
Geschichte des Kanban
Kanban ist ein japanisches Wort und kann mit Signalkarte übersetzt werden. Es wurde bereits vor hunderten Jahren im kaiserlichen Garten von Tokio verwendet, um die Anzahl der Besucher zu limitieren. Taiichi Ōno hat das Kanban-Konzept im Toyota Produktion System (TPS) eingeführt, um eine Just-in-time Produktionen zu gewährleisten. Diese Ideen wurden von David Anderson 2004 bei Microsoft aufgenommen und auf Wissensarbeit umgelegt, hat aber mit dem eigentlichen Kanban-Begriff nicht mehr allzu viel zu tun.
Was ist Kanban eigentlich?
- Kanban ist ein Mindset!
- Kanban in der Wissensarbeit reicht von Personal Kanban über diverse Kanban Systeme bis hin zur Kanban Methode, die eine evolutionäre Change-Methode ist.
- Nicht auf Teamarbeit beschränkt, sondern optimiert bspw. auch Wertschöpfungskette von Unternehmen
- Kanban wird überall eingesetzt: in allen unterschiedlichen Branchen, wo mit Wissen gearbeitet wird (Werbeabteilungen, Servicebereich, IT etc.)
- Unterschied zu To Do Listen: To Do Listen priorisieren alle Aufgaben gleich, während beim personal Kanban sich vor allem auf Themen fokussiert wird
Kleines Kanban-Lexikon
- WIP Limits (Work in progress): Anzahl der parallelen Arbeiten wird limitiert (je nach eigener Einteilung). Bevor eine neue Arbeit begonnen wird, muss die alte abgeschlossen werden.
- Personal Kanban: persönliche Produktivität wird erhöht
- Flight Levels of Kanban (Video)
- Flight Level 0: Persönliche Produktivität, Fokus auf dem, was jetzt zu tun ist
- Flight Level 1: Einsatz im Team oder (Spezialisten-) Abteilung, bis ca. 20 Personen, Input kommt unkoordiniert zum Team, Effizienz steigt stark an.
- Flight Level 2: Teamebene (stark lokalisiert), Input wird koordiniert (es gibt einen Entscheidungs-Mechanismus, der entscheidet, was als nächstes gemacht werden muss); Stichwort: Demand and Capability – was könnten wir machen und was machen wir? Reihenfolge folgt in limitierter Input Queue (Aufgabenquelle)
- Flight Level 3: mehrere Teams/Abteilungen, die gemeinsam Wertstrom optimieren; im Fokus steht der Kunde.
- Flight Level 4: mehrere Wertströme, Programm- bzw. Portfolioebene; im Fokus stehen Businessentscheidungen
Wie funktioniert Kanban?
4 Prinzipien:
- Starte mit dem, was du jetzt machst
- Verfolge inkrementelle, evolutionäre Veränderungen
- Respektiere Initial-Prozesse, Rollen, Verantwortlichkeiten und Job-Titel
- Fördere Leadership auf allen Ebenen in der Organisation
6 Praktiken:
- Mach Arbeit sichtbar: auf einem Whiteboard oder elektronisch zeigen, wer, wo an welchen Problemen arbeitet, um bessere Entscheidungen treffen zu können. Die einzelnen Schritte werden durch Aufgaben-Kärtchen, die zeigen, bei welchem Prozess gerade der Schritt steht und wie er durch den Prozess fließt. Das Board sollte am besten optisch auf einem Flatscreen oder am Whiteboard hervorgehoben für alle platziert werden.
- Limitiere den WIP: Arbeite parallel nicht an vielen Dingen gleichzeitig, sondern generiere den Wert beim Kunden („stop starting, start finishing“). Ein Arbeitsfluss wird generiert, der zügig durchfließen soll, um den Kunden möglichst viel Wert dem Kunden zu geben.
- Fokussiere auf den Arbeitsfluss: Arbeitsfluss soll optimiert werden. Der Fokus kommt weg von den Arbeitenden hin zur Arbeit, um die Arbeit schneller fertig zu bekommen (Variabilität muss beachtet werden, da Wissensarbeit vollkommen anderen Regeln folgt als bspw. Produktion).
- Mach Prozess-Regeln explizit: Kanban selber ist kein Entwicklungsprozess, folgt aber Prozessregeln. Dazu gibt es zwei Regeln: 1. Halte dich penibel an den Prozess, aber 2. funktioniert ein Prozess nicht, muss dieser sofort geändert werden -> also kontinuierlich anpassen und verbessern!
- Implementiere Feedback-Mechanismen: Damit eine gezielte Verbesserung überhaupt geschehen kann, sind Rückmeldungen zum Arbeitsprozess (Kommunikation, Messungen etc.) absolut notwendig. Ein Tool kann bei Messungen unterstützen.
- Führe gemeinschaftliche Verbesserungen durch: Kanban ist kein Dogma, sondern sei offen für Veränderungen, Anpassungen und experimentiere! Kanban by the book ist ein Widerspruch – Kanban ist ein Mindset.
Kanban in der Business Analyse
- Eine Schwierigkeit in der BA ist ein oftmals unstrukturierte Arbeitslauf.
- Um Struktur zu erhalten, sollten sowohl Blockaden, aber auch einzelne Schritte optisch hervorheben und durch Feedback gelernt werden.
- Ursachenforschung betreiben und auch „Fehler“ sichtbar machen!
- Hypothese über Arbeit aufstellen und einzelne Schritte visualisieren
- Gedanken machen, wie sieht die Arbeit bzw. einzelnen Knowledge Areas aus, wie kann ein solcher Prozess aussehen?
- Respektiere den jetzigen Prozess, visualisiere ihn und mach es besser 😉
Tipps zum Starten
Ihr braucht zum einfachsten Start nicht viel, nur: Whiteboard, Stift und Post-its.
Aufzählung von verschiedenen elektronische Kanban Tools findet ihr auf: http://limitedwipsociety.ning.com/page/tools
- Trello: kein eigentliches Kanban Board, aber ein nettes Tool zum Starten (v.a. für personal Kanban)
- LeanKit Kanban: sehr flexibel, high-end tool
- Target Process: auch sehr flexibel, jedoch höhere Lernkurve um zu starten
- Kanbanery: kann mehr als Trello
- Kanbanize
Weiterführende Literatur
- Das Originalwerk von David J. Anderson: Kanban: Evolutionäres Change Management für IT Organisationen.
- Sehr empfehlenswert und gut lesbar: Kanban in der IT: Eine Kultur der kontinuierlichen Verbesserung schaffen. Von Klaus Leopold und Siegfried Kaltenecker
- Für alle, die Kanban auch persönlich nutzen wollen, gibt es hier eine sehr gute Einführung: Personal Kanban: Visualisierung und Planung von Aufgaben, Projekten und Terminen mit dem Kanban-Board. Von Jim Benson et al.
Ankündigung: BA Camp 2014
BA Camp in Wien: Wir veranstalten vom 09.-10.Mai 2014 in Wien die erste deutschsprachige Open Space-Konferenz von Business Analysten für Business Analysten. Seid dabei und gestaltet Business Analyse von Anfang an mit! Mehr dazu findet ihr auf ba-camp.org.
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